„Bis zu 30 % mehr Ertrag!“ – Klingt zu gut, um wahr zu sein?
Du hast es bestimmt schon mal gehört: Bifaziale Module, also Solarmodule, die auf beiden Seiten Strom erzeugen, sollen bis zu 30 % mehr Ertrag bringen. Klingt wie ein echtes Upgrade zur herkömmlichen PV-Anlage, oder?
Aber Vorsicht: Diese Zahl gilt nur unter ganz bestimmten Bedingungen. In diesem Artikel erfährst du, wann das wirklich funktioniert – und wann nicht. Und keine Sorge: Wir erklären alles so, dass man keine Technik-Nerd sein muss. 😉
Was sind bifaziale Module überhaupt?
Kurz erklärt: Bifaziale Solarmodule sind so gebaut, dass sie nicht nur vorne, sondern auch auf der Rückseite Licht einfangen. Wenn also Sonnenlicht zum Beispiel vom Boden oder einer Wand zurückgeworfen wird, kann auch das genutzt werden, um Strom zu erzeugen.
Im Gegensatz dazu nehmen klassische Module nur Licht von der Vorderseite auf. Klingt logisch: Doppelt so viel Licht = mehr Strom. Aber ganz so einfach ist es eben nicht…
Der „Albedo-Effekt“ – oder: Was hat Licht mit Tischtennis zu tun?
Jetzt wird’s anschaulich: Stell dir vor, Licht sind Tischtennisbälle, die überall rumspringen.
Wenn du so einen Ball auf einen hellen Boden wirfst – etwa auf Beton oder Schnee –, dann springt er zurück. Genau das passiert mit Licht: Es wird reflektiert, prallt also zurück und kann von der Rückseite des Moduls genutzt werden.
Und wenn der Boden dunkel ist – sagen wir, schwarze Dachziegel? Dann ist das wie ein Ball, der auf einem dicken Teppich landet. Keine Chance zum Zurückspringen. Das Licht wird „geschluckt“. Die Rückseite des Moduls sieht nix – und bringt nix.
Wann bringen bifaziale Module wirklich 30 % mehr?
Ganz einfach: In der freien Fläche, mit viel Abstand zum Boden und einem hellen, reflektierenden Untergrund.
Zum Beispiel:
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Eine Solaranlage auf hellen Kiesflächen
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Auf Schnee im Winter
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Oder auf Beton mit viel Abstand nach unten
Dort können die Photonen (also Lichtteilchen) zurückprallen und die Rückseite des Moduls erreichen. Studien zeigen: In solchen Fällen sind +15 % bis +30 % Ertrag wirklich möglich.
Und auf dem Hausdach? Naja… nicht wirklich.
Die Realität sieht auf den meisten Dächern anders aus:
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Die Module sind nah an den Dachziegeln montiert – also kaum Platz für Licht, das reflektiert werden könnte.
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Die Ziegel sind meist dunkel – sie schlucken das Licht, anstatt es zurückzuwerfen.
Ergebnis: Kaum Rückstrahlung = kaum Mehrertrag.
In Zahlen: Oft sind’s nur 0–5 %, manchmal gar kein Mehrertrag.
Cool-Roof & Co – bringt eine helle Dachbeschichtung mehr?
Manche probieren’s mit einem Trick: Sie beschichten das Dach in heller Farbe, um mehr Licht zurückzuwerfen. Das bringt tatsächlich etwas – aber laut Studien maximal 8 % Ertragszuwachs.
Fazit: Auch das ist weit entfernt von den berühmten 30 %.
Hier gibt es auch einen interessanten Artikel von pv-magazin.com, leider nur auf Englisch.
Vertikale Module – ein Sonderfall
Es gibt auch Module, die senkrecht, also vertikal montiert werden – zum Beispiel an Hauswänden oder auf Feldern mit Ost-West-Ausrichtung. Da kann auch mal ordentlich Licht von beiden Seiten kommen – vor allem bei Schnee oder hellem Umfeld.
Hier sind 5–30 % Ertragsplus möglich – aber auch das hängt stark vom Standort ab.
Der große Unterschied: Werbung vs. Wirklichkeit
Warum hört man dann überall von den tollen 30 %? Ganz einfach: Das ist Marketing – oft werden die maximal erreichbaren Werte unter optimalen Bedingungen genannt. Was aber nicht gesagt wird: Diese Bedingungen sind selten gegeben, vor allem auf privaten Hausdächern.
Was heißt das für dich als Anlagenbesitzer oder Interessent?
Wenn du über eine Solaranlage mit bifazialen Modulen nachdenkst, frag dich zuerst:
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Wo werden sie montiert?
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Wie viel Licht kann von unten zurückkommen?
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Wie hell ist der Boden oder das Dach darunter?
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Gibt es überhaupt Platz unter den Modulen?
Wenn du diese Fragen mit „hell, offen, viel Platz“ beantworten kannst – super, dann könnten bifaziale Module wirklich sinnvoll sein.
Aber wenn es ein klassisches Ziegeldach ist, eng belegt, dunkel – dann lieber realistisch bleiben und keine Wunder erwarten.
Fazit: Licht kann mehr – aber nur, wenn es Platz hat
Bifaziale Module sind eine tolle Technik – wenn die Bedingungen stimmen. Wer sie clever einsetzt, kann wirklich mehr Strom herausholen. Aber auf dem typischen Hausdach? Da sind sie oft nicht effizienter als normale Module.
Mein Rat: Lass dich nicht vom „30 %“-Hype blenden. Mache dir Gedanken zum Albedo-Effekt, dem Untergrund und dem Abstand. Nur dann weißt du wirklich, ob bifazial Sinn ergibt – natürlich kannst du ohne Bedenken diese Module nutzen, nur erwarte bitte keine Wunder 😉
Du möchtest mehr solcher verständlichen Erklärartikel zu PV, Speicher und Energiewende? Dann sag Bescheid – ich schreibe dir gerne weitere Artikel. ☀️ Ansonsten findest du hier noch einen Artikel auf dem Blog bzgl. PV_Fachchinesisch
Häufige Fragen (FAQs)
1. Bringt ein bifaziales Modul immer 30 % mehr Strom?
Nein, das gilt nur in Ausnahmefällen – z. B. bei Freiflächenanlagen mit hellem Untergrund.
2. Was ist der Albedo-Effekt?
Das ist die Fähigkeit von Oberflächen, Licht zu reflektieren. Helle Flächen = mehr Rückstrahlung = mehr Strom von der Modulrückseite.
3. Warum funktioniert das nicht auf normalen Dächern?
Weil dort der Abstand gering und die Dachziegel meist dunkel sind. Da kommt kaum Licht zurück.
4. Lohnt sich eine helle Dachbeschichtung?
Sie bringt ein bisschen was – aber selten mehr als 8 % Extra-Ertrag.
5. Wann lohnt sich bifazial wirklich?
In offenen Flächen, auf hellen Böden – bei viel Licht von allen Seiten.
6. Was ist der beste Tipp für Interessierte?
Lass dich beraten – und prüf genau, ob der Effekt der bifazialen Module wirklich erwähnenswert ist. Nicht von großen Zahlen blenden lassen!
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